Achtung bei der Formulierung im Testament
Häufig findet sich in letztwilligen Verfügungen die Formulierung „jemand wird auf den Pflichtteil gesetzt“.
Hat der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung zum Beispiel seiner Lebensgefährtin ein Vermächtnis eingeräumt und ein Kind „auf den Pflichtteil gesetzt“, so wird nach neuer Rechtslage vermutet, dass der Verstorbene dem „auf den Pflichtteil gesetzten“ einen Geldanspruch, und kein Vermächtnis, zuwenden wollte. Dies hat die vom Erblasser meist nicht gewünschte bzw. nicht bedachte Konsequenz, dass die Lebensgefährtin als Vermächtnisnehmerin zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruches beizutragen hat, auch wenn der Nachlass zu dessen Erfüllung ausreicht.
Um die vom Erblasser in der Regel nicht gewünschte Beitragspflicht des Vermächtnisnehmers zu vermeiden, empfiehlt es sich die Formulierung „jemanden auf den Pflichtteil zu setzen“ zu vermeiden und dem Pflichtteilsberechtigten stattdessen ausdrücklich ein Vermächtnis zukommen zu lassen.
In dem einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Erblasser in seinem Testament seiner Lebensgefährtin u.a. ein Vermächtnis im Betrag von EUR 350.000,00 zugedacht, einen Sohn A als Erben eingesetzt und den zweiten Sohn B „auf den Pflichtteil gesetzt“. Obwohl der Nachlass mit rund EUR 2,5 Mio. zur Deckung des Pflichtteilsanspruches von Sohn B (in Höhe von ¼ des Nachlasses EUR 625.000,00) ausreicht, muss die Lebensgefährtin im Verhältnis ihres Anteils am Nachlass zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruches des Sohnes B beitragen. Sie muss daher – obwohl genug Vermögen im Nachlass vorhanden ist – von ihrem Vermächtnis rund 14%, d.s. EUR 87.500,00 zum Pflichtteilsanspruch des Sohnes B beitragen.
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass es bei der Formulierung von letztwilligen Verfügungen auf Details ankommt, sodass zur Vermeidung nicht gewünschter Ergebnisse bzw. nachfolgender Streitigkeiten eine fundierte erbrechtliche Beratung essentiell ist.