Wann ist ein Kind selbsterhaltungsfähig ?
Die Unterhaltspflicht der Eltern endet in der Regel mit der Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes.
Als selbsterhaltungsfähig gilt ein Kind, wenn es sich aus seinem eigenen Einkommen oder Vermögen selbst erhalten kann. Als Richtlinie kann der Ausgleichszulagenrichtsatz angesetzt werden.
Jedes vom Kind erzielte Eigeneinkommen reduziert dessen Unterhaltsanspruch.
Was bedeutet der Anspannungsgrundsatz?
Die Unterhaltsbemessungsgrundlage ist grundsätzlich das tatsächliche Nettoeinkommen des Unterhaltschuldners. Der Unterhaltsschuldner ist verpflichtet seine Fähigkeiten und Möglichkeiten zur Einkommenserzielung im Rahmen des Zumutbaren auszuschöpfen. Unterlässt er dies schuldhaft, wird nicht nur das tatsächliche Einkommen, sondern das Einkommen, dass er erzielen könnte, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen.
In einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH 1 Ob 73/24b) wurde der geldunterhaltspflichtige Elternteil auf das bisher erzielte Einkommen angespannt, weil er seinen gut dotierten Job aufgegeben hat, um an einer Abendschule die HTL-Matura nachzuholen.
Fiktive Selbsterhaltungsfähigkeit?
Wenn es das unterhaltsberechtigte Kind schuldhaft verabsäumt ein Einkommen zu erzielen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar ist, wird die Selbsterhaltungsfähigkeit unterstellt und das Kind verliert seinen Unterhaltsanspruch.
Besteht auch nach der Matura ein Unterhaltsanspruch des Kindes?
Die Ablegung der Reifeprüfung allein genügt nicht zur Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit. Das Kind hat einen Anspruch auf weiterführende Ausbildung, wenn es die nötige Neigung und Begabung aufweist.
Was gilt bei einem Studium des Kindes?
Solange das Studium zielstrebig absolviert wird, ist ein Kind nicht selbsterhaltungsfähig. Es ist auch nicht verpflichtet neben dem Studium einer Arbeitstätigkeit nachzugehen.
Ein einmaliger Studienwechsel schadet grundsätzlich nicht.
Ein Kind verliert den Unterhaltsanspruch auch nicht, wenn es nach der Matura nicht sofort ein Studium beginnt, oder wenn es einen Studienwechsel vornimmt. Dem Kind wird für die Wahl eines seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Studiums eine Überlegungsfrist von längstens einem Jahr eingeräumt.
Ein Au-pair Mädchen, das neben Kost und Quartier von der Gastfamilie ein Taschengeld erhält, ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Ein einjähriger Auslandsaufenthalt, der dem Sammeln von Berufserfahrungen, der Verbesserung der Sprachkenntnisse und der Klärung des künftigen Berufswegs dient, führt ebenso nicht zur Selbsterhaltungsfähigkeit.